Sagen und Erzählungen

Mit Sagen verbinden wir meist eine phantastische Merkwürdigkeit, die wie ein deutender Wahrheitsbericht daherkommt. Wegen ihrer Kürze sind sie ideal für das mündliche Erzählen, doch braucht es immer wieder die Verschriftlichung.
Schon der griechische Geschichtsschreiber Herodot (ca. 490 bis 420 v.Chr.) bekam von ägyptischen Priestern eine Geschichte erzählt, als er Erkundigungen über eine merkwürdige Königsstatue einholen wollte. Als Reisender versuchte er, möglichst viele Informationen über die Vergangenheit einzuholen. Auf Reiseführer und Dolmetscher angewiesen, kamen ihm dabei die seltsamsten Erzählungen zu Ohren. Nüchtern bemerkt er dazu: "Wem das glaubwürdig ist, der mag es annehmen; mir selber liegt nur daran, dass ich aufschreibe, was ich von den Leuten erfahren und gehört habe".

Was sich einem harmlosen Unterhaltungsbedürfnis verdankt, wird plötzlich wichtiges geschichtliches Quellenmaterial. Geschichten, welche sich relativ unsystematisch aus grossen mystisch-religiösen Vorstellungen, Missverständnissen, aber auch aus wahren Begebenheiten herleiten lassen. Diese Herleitungs-, Orts- und Brauchtumsgeschichten bilden seit altersher eine unterhaltsame Lektüre.

Wenn sich gewisse Sagen nur noch in abgelegenen, ländlichen Randzonen wiederfinden oder gänzlich ausgestorben scheinen, liefern uns doch eine Vielzahl moderner Alltagserzählungen und Hinweise auf neue Sagenbildungen.