Die Franken

Vorwiegend aus dem westgermanischen Stamm der Istväonen bildeten sich die Franken. Sie erlernten die römische Taktik, welche sie zu Herrschern über das erste vereinigte Europa bis nach Afrika machen sollte. Im 5. Jahrhundert drangen sie vom Nieder- und Mittelrhein nach Gallien bis zur Loire vor und unterwarfen hier die Romanen und Westgoten. Die Ursache ihrer Wanderung waren die Sachsen, die sich ebenfalls zu einem Stammesbund zusammengeschlossen hatten. Die vertriebenen Burgunder siedelten sich in Savoyen an. Sie erholten sich jedoch bald wieder von ihrem Unheil und breiteten sich vom Rhonetal bis zu dem westlichen Helvetien aus. Die römischen Gutsherren riefen die Burgunder sogar herbei um sich von den lästigen Steuern von Rom zu befreien. Mit dem Sturz des burgundischen Reiches kamen 534 auch ihre Gebiete der heutigen Schweiz an das Frankenland. Die Selbständigkeit der Burgunder und Alemannen war durch die Macht der fränkischen Nachbarn vernichtet worden. Nur in den abgelegeneren Gebieten der Voralpen und Alpen blieben die Alemannen eigenständig. Hier blieb auch ihre deutsche Sprache und Kultur erhalten. Als König der Franken eroberte der mächtige Herrscher Chlodwig aus dem Geschlecht der Merowinger das letzte römische Gebiet in Gallien. Er nahm den Westgoten den südlichen Teil von Gallien und besiege 496 die Alemannen, die gegen das Elsass hinaus lebten und liess sich vom hl. Bischof Remigius zum Christentum bekehren. Mit ihm liessen sich 3'000 Franken taufen. Von den Franken aus begann die christliche Lehre ihren Siegeszug zu den anderen germanischen Stämmen.
Die neuen Gebiete liess Chlodwig durch Grafen, germanische Adlige, verwalten. Entlöhnt wurden diese durch Verleihung von Land, dem Lehen. Aus dem Lehenswesen entwickelte sich die besondere Stellung des Königs als des obersten Lehensherren. Die ausgedehnten erfolgreichen Kriegszüge machten Chlodwig zum grössten Grundbesitzer seiner Zeit, da erobertes Gut Königsgut wurde. 40 Jahre nach Chlodwigs Tod erstreckte sich das Frankenreich unter seinen grausamen Nachfolgern vom Atlantischen Ozean bis zur Saale und zum Böhmerwald, vom Mittelmeer bis zur Nordsee. Fränkischer Sitte gemäss teilten die merowingischen Könige die Herrschaft unter ihre Söhne. So zerfiel das Reich bald in drei Teile: Austrasien, Neustrasien und Burgund. Die Folge waren unaufhörliche Kämpfe zwischen den Teilkönigen, begleitet von grauenvollen Schandtaten. Die Zügel der Regierung kam fest in die Hände der Hausmeier, während die Könige zu Scheinkönigen herabsanken.

Es gelang Karl Martell, sich die Anerkennung im ganzen Reich zu verschaffen und seinen Sohn Pipppin zum König zu machen. Da dieser nicht aus königlichem Geschlecht entstammte, liess er sich mit dem Segen des Papstes nach alttestamentlichem Vorbild durch Bonifatius zum König salben. Die fränkische Hoheit brachten den Alemannen und Burgundern eine schärfere Trennung des Sprachgebietes. Lag die Grenze etwa auf einer Linie Gotthard - Schaffhausen, verschob sie sich nun nach Westen an den Fuss des Juras. Im 8. und 9. Jahrhundert drangen die Alemannen bis in die letzten Bergtäler hinauf und verdrängten das Romanische, Welsche. Seit dieser Zeit bestehen in der Schweiz die vier Sprachkulturen.

Nachdem Pipppin gestorben war regierte sein Sohn Karl mit seinem Bruder Karlmann und nach dessen Tod 771 allein. Karl entstammte dem Geschlecht der Arnulfinger, das seither nach ihm Karolinger heisst. Um die Grenzen seines Reiches zu sichern, führe Karl der Grosse eine Reihe von Kriegen gegen seine germanischen und slawischen Nachbarn und gegen die Araber im Süden der Pyrenäen. Er unterwarf 773 die Langobarden, 785 die Friesen, 788 das Herzogtum Bayern und sicherte die Ostgrenze des Fränkischen Reiches gegen das asyatische Volk der Awaren. Die Slawen drängte er hinter die Elbe und Saale zurück. Am schwierigsten für Karl den Grossen war die Unterwerfung der Sachsenstämme zwischen Nordsee, Elbe und Rhein. Zwischen 772 und 804 führte er mehrere Feldzüge die den Widerstand der Sachsen gegen die Eingliederung in das Fränkische Reich und die damit verbundene Christianisierung brechen sollten. Die Eroberung Bayerns führte zu neuen Nachbarn im Osten: die Awaren. Dieses rohe Volk, das mit den Hunnen verwandt war, unternahm gefährliche Raubzüge nach Westen. Die Awaren errichteten grosse Befestigungen und umringten diese mit mehreren hohen Erdwällen. Karl zog der Donau entlang gegen Osten. Auf dem Fluss folgten im die Bayern mit Nachschub und Verpflegung. Der Feldzug dauerte von 791 bis 798. Die Festungen waren leicht zu stürmen. Schwieriger war die Verfolgung des Feindes in den Tiefebenen. Die Sieger brachten soviel Beute nach Hause, dass der Silberpreis im Frankenreich um einen Drittel an Wert verlor. Aus dem eroberten Gebiet machte Karl zwei Marken. Das Gebiet südlich der Drau hiess er Mark Friaul. Die Länder östlich der Ems und nördlich der Drau nannte er einfach die Awarenprovinz oder das Ostland. Um das Jahr 1000 begann man das Land Ostarichi, Ostreich, Oesterreich zu nennen.
Karl wurde auf Grund seines Bündnisses mit dem Papst in Rom zum Kaiser gekrönt. Damit knüpfte man an die Tradition des römischen Reiches an. Er wurde mit dem neuen Titel nun auch offizieller Schutzherr der Christenheit. Sein Reich umfasste nun ungefähr das Gebiet der heutigen Staaten Frankreich, Deutschland, Niederlande, Belgien, Luxemburg, Schweiz, Oesterreich und Norditalien. Er regierte sein Land nicht von einem festen Regierungssitz aus, sondern von verschiedenen Pfalzen, befestigten Wohnstätten des Königs, die über das ganze Reich verteilt und mit Gutshöfen und einer Kapelle verbunden waren. Als Mustergüter verschafften sie ihm die festen Einnahmen. Zum seinem Hauptsitz wählte er die Pfalz in Aachen. Karl gab seinem grossen Reich eine neue Organisation. Er teilte seine Marken in Grafschaften, deren Grenzen nicht immer die alten Stammesgrenzen waren. Die Verwaltung einer Grafschaft übertrug er adligen Gefolgsleuten, den Grafen. Diese unterlagen der Beaufsichtigung der Königsboten, die vom König entsandt wurden und zugleich die Amtsführung der Bischöfe überwachten. Um im ganzen Reich eine einheitliche Rechtsprechung herbeizuführen, gab Karl Urteile, Anweisungen und Verordnungen in Kapitularien bekannt, die jeweils im Mai am Aufenthaltsort des Königs dem Adel und den freien Bauern vorgelesen wurden. Das überlieferte Recht der einzelnen Stämme bestand jedoch weiter und wurde aufgezeichnet.

Unter Karls Regierung setzte sich eine neue Form der Bodenbewirtschaftung durch. Die Bauern teilten ihren Boden in drei Schläge ein. Auf den einen säten sie Sommergetreide, auf den anderen Winterfrucht. Der Dritte lag brach, wurde als Weide benutzt und so gedüngt. Durch diese Dreifelderwirtschaft konnte der Boden besser ausgenutzt werden als bisher.
Nach dem Tode Karls ging das Reich an Ludwig den Frommen, den er bereits 813 zum Kaiser und Mitregenten ernannt hatte. Er war ein schwacher Herrscher. Ununterbrochene Streitigkeiten mit seinen Söhnen zerrütteten das Reich. Die Grafen verloren die Achtung vor ihrem schwachen Herrn und erstrebten grössere Selbständigkeit. Nur die Kirche hielt fest an der Einheit des Reiches fest, fand aber im Kaiser keine energische Stütze. Ludwig wurde von ihnen abgesetzt. Nach seinem Tode entschlossen sich die Söhne, eine klare Teilung des Reiches vorzunehmen. Im Vertrag von Verdun erhielt Lothar 843 das Mittelreich mit Italien und der Kaiserwürde, Karl der Kahle das romanische Westfranken und Ludwig der Deutsche das germanische Ostftranken. Lothars Geschlecht starb bald aus. Karl und Ludwig einigten sich 870 im Vertrag von Meersen über sein Gebiet, und teilten sein Land, indem sie das Gebiet mit der romanisch sprechenden Bevölkerung dem westfränkischen, jenes mit der deutsch sprechenden Bevölkerung dem ostfränkischen Teil angliederten. In der dritten Teilung von 880 wurde die Grenze Ostfrankens über die Maas bis zur Schelde vorgeschoben. Diese Grenze blieb im Wesentlichen bis 1648 erhalten. Die Sprache der Ostfranken hiess schon unter Karl dem Grossen die Deutsche. So hatte man dem ersten ostfränkischen König den Beinamen der Deutsche gegeben, um damit zum Ausdruck zu geben, dass er über die deutschsprachigen Stämme regierte. Mit dem Tode seines 11jährigen Sohnes Ludwig IV., das Kind, im Jahre 911, erlosch das stolze Geschlecht der mächtigen Karolinger.

In der Zeit der schwachen Könige traten die Adelsfamilien an die Spitze der deutschen Stämme. Auch in Alemannien oder Schwaben entwickelte sich keine starke Herzogsgewalt, weil die Herzogswürde nie über längere Zeit in der Hand einer Familie war. 911 wurde der fränkische Herzog Konrad I. aus dem Hause der Konradiner von den Franken, Schwaben und Sachsen zum König gewählt. Konrad konnte sich weder gegenüber den Ansprüchen der Herzöge von Sachsen, Schwaben und Bayern durchsetzen, noch konnte er das Reich gegen die Einfälle der Ungarn schützen. Seiner Regierung blieb jeder Erfolg versagt. Nach seinem Tode ging die Königsgewalt an die Sachsen. Nach Heinrich I. übernahm sein Sohn Otto I. der Grosse die Reichsführung. Er übernahm die Schutzfunktion für die römische Kirche und führte als Kaiser die Tradition des alten Römerreiches und der Karolinger fort.

Im Laufe der Zeit war es üblich geworden, dass ein Lehen nach dem Toden des Fürsten automatisch auf dessen Sohn über ging. Viele Adlige betrachteten das Land als ihr Eigentum. So verlor das Reich immer mehr seiner Güter. Wo immer möglich, begann Kaiser Otto, Länder und Aemter an Bischöfe und Aebte zu geben. Diese heirateten nicht und hatten deshalb keine erbberechtigten Söhne. Nach dem Tod ging das Lehen an das Reich zurück. Es konnte nachher an einen beliebigen geistlichen Herrn weiter gegeben werden. Ausserdem liess Otto an allen Reichsgrenzen Klöster gründen, um damit das Reich zu vergrössern.

Bei einem erneuten Ungarneinfall kämpften 955 alle deutschen Stämme gemeinsam gegen die Eindringlinge. Die Ungarn wurden besiegt und sesshaft gemacht. Die Slawen an der Elbe wurden bis zur Oder tributpflichtig.

Mit Konrad II. begann die Regentschaft der fränkischen oder salischen Kaiser bis 1152. Ihre Gebeine ruhen in den Kaisergräbern des Domes zu Speyer, den sie erbauen liessen. Die wirtschaftliche Grundlage der Königsmacht bestand im Reichs- und Hausgut. Auf ihm lagen die königlichen Pfalzen, in denen der König Hof hielt. Sie wurden von einem Pfalzgrafen verwaltet. Das Reichsgut verwaltete ein Graf oder Reichsvogt. Es konnte an die Kirche oder an weltliche Grössen vergeben werden.

Im Jahre 1152 wählten die deutschen Fürsten Friedrich I, Barbarossa aus dem schwäbischen Geschlecht der Hohenstaufen. Die mächtigen lombardischen Städte mussten seine Oberherrschaft anerkennen. Als Mailand sich gegen ihn erhob, wurde es zerstört. Der Papst stellte sich auf die Seite der Städte und gegen den Kaiser. Fast 20 Jahre dauerte der Kampf zwischen Kaisertum und Papsttum. Schliesslich unterlag Friedrich Barbarossa 1176 in der Schlacht bei Legnano und schloss mit dem Papst und den lombardischen Städten Frieden. 1190 starb Friedrich I. im Kreuzzug. Sein Sohn und Nachfolger Heinrich VI. erbte über seine Frau Konstanze Sizilien. Unter ihm hatte das staufische Reich seine grösste Ausdehnung. Nach seinem Tod brach es auseinander.
Ein wichtiges Fürstentum im deutschen Reich war das Haus Habsburg. Zu ihm gehörten das Elsass, Breisgau, Aargau, Zürichgau, Luzern, Vorarlberg und Tirol. Nach 20 Jahren ohne Kaiser entschlossen sich die deutschen Fürsten zur Wahl von Rudolf von Habsburg, einen begüterten Grafen, der mit seiner begrenzten Macht, den übrigen Fürsten nicht gefährlich schien. Dem mächtigen Ottokar von Böhmen blieb die Wahl aus diesem Grunde versagt. Er weigerte sich deshalb, Rudolf anzuerkennen. Rudolf forderte ihn auf, die Reichslehen Kärnten und Krain herauszugeben, die Ottokar sich widerrechtlich angeeignet hatte. Der Böhmenkönig lehnte ab. Unerwartet schnell erschien Rudolf mit einem Heer vor Wien. Ottokar fügte sich, erschien aber kurz darauf mit einem Heer in Oesterreich. Auf dem Marchfeld bei Wien verlor er jedoch Schlacht und Leben. Rudolf verlieh Oesterreich, Steiermark, Kärnten und Krain an seine Söhne. So begründete er die stolze Macht des Hauses Habsburg in Oesterreich.
Nach seinem Tode im Juli 1291 wählten die Kurfürsten nicht einen seiner Söhne, sondern wieder einen kleinen Grafen, da ihnen die Habsburger bereits zu mächtig waren. Von nun an kennzeichneten die Kämpfe um die Königskrone im wesentlichen das politische Leben des Reiches. Könige aus dem Hause der Nassauer, Luxemburger oder Wittelsbacher lösten einander ab.