Das Verfahren am offenen Landtage oder Blut- oder Malefizgericht in Zug ist der dem alten Recht angehörende ordentliche und feierliche Prozess bei todeswürdigen Gerichtsfällen. Es versammelte sich anfänglich unter freiem Himmel vor der Stadt unter der Linde. Später, als die Oeffentlichkeit vom Verfahren ausgeschlossen und die absolute Schweigepflicht eingeführt wurde, kam das Blutgericht im Rathaus zusammen, dessen Türen und Fenster während einer Verhandlung verschlossen werden mussten.

Die Verordnung aus dem Jahre 1566 lautet:

Bluott oder Malefiz Gericht

Item: so man ein armen Menschen richten will über das bluott, soll ein Ammann oder Statthalter zu Gericht sitzen und 6 Mann von der Stadt und von jeder Gemeindt 4 Mann, macht zusammen 18 Mann.

Wann das Gericht versammelt ist, so zeiget der Ammann dem Gericht an, wer vorhanden syge und hat ein Umfrag, wie man sich mit dem armen Menschen halten soll. Darnach wird geratschalget, dass der oberst Weybel ein Fürsprech nenne und dann die Klag führe, so das geschieht, so spricht der Fürsprech, ihm syg ein Klag empfohlen, wann sich der arme Mensch im Gefängnis eben grob und schwer verhöhnt, darum so begehrtet er des ersten zu erfahren, was recht syg, und setzt sein Sach damit zu Rechten.

Die erste Urtell gibt, dass man zum 1ten des armen Menschen Vergicht hören sollund darnach weteres beschehen, was recht sey.

Die ander Urtell gibt, dass man 7 unverlümdet Mann nennen soll, die zuvor in Thurm gegangen, dem armen Menschen sein Vergicht vorlesen und ihn fragen ungebunden und ungezwungen, ob er das Vergicht gichtig sey, so dass beschehen.

Gibt die 3te Urtell, dass die 7 Mann sollen schwören einen Eydt zu Gott und seinen Heiligen, was sie von diesem armen Menschen gehört, ob er gichtig syg oder nit.

Zum 4ten, dass sie mit ihrer Sag solches erweist, und der arme Mensch das nit mehr leugnen könne oder möge.

Zum 5ten, dass nunmehr der Richter usslass, ob das Gericht ganz syg oder nut, und dann weiter bescheh, was recht syg.

Zum 6ten, dass man alle Thüren und Fenster soll zutun und beschliessen, und soll der Richter syn Schwert in die hand nehmen, nidersitzen und richten nach römisch keyserlichen und königlichen Freyheiten, Gerechtigkeit und altem Herkommen.

Zum 7ten gibt Urtell nach der Klag und Vergicht und Kundschaft, so man darin hört, dass dieser Mensch wäger todt, den lebendig syg.

Zum 8ten gibt Urtell mit was Todes er sterben soll, so man den armen Mensch Gnadt mitteilen will, ob man ihn mit Ruten usschlachen oder ans Halsysen stellen.

Zum 9ten, dass der Weybel den Priester nenne, mit ihm in Thurm gang, und sein Leben abkünde, und ihn heisse seine Sünd beichten und dann 3 Zeichen lüte, das eine wo er in Thurm gange, das ander so er gebeichtet hat und das dritte so dass man ihn uss dem Thurm führe.

Zum 10ten, dass nun der Schryber des armen Menschen Vergicht offentlich vor jedermann lesen soll und der Richter den armen Mensch dem Nachrichter empfehle und die Vergicht im Thurm gehalten werden.

Zum 11ten, dass man des armen Menschen Gut meinen Herren von der Stadt und Amt soll verfallen syn doch den rechten gelten unschädlich.

Zum 12ten, welcher des armen Menschen Tod ässern oder rächen wollt, es ware an einen Ammann, Räthen, Richtern, Schryber, Weybeln, Dinern oder Andern, so Rath oder That darzu geben, dieselben sollen in denen Schulden und Banden stehn, wie der arme Mensch oder gestraft werden mit meiner Herren höchster Buoss.

Zum 13ten, dass nun solches Recht ergangen und wohl geurteilet syg nach unser Stadt und Amt alten Freiheiten und Gerechtigkeit, damit sie vom römischen König und Keyser begabet seyndt und dass die Richter und Gricht ufstahnn und um disen Handel genug geschehen syg.