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 Die 
Geschichte weist Lücken auf, die zur Frage führen, in welchem Jahr wir 
den leben. Das erste Problem schuf der syrische Mönch Dionysus Exiguus, als 
er im 6. Jahrhundert die Datierung der christlichen Zeitrechnung mit vor und nach 
Christi Geburt für den Papst erfand. Sein Fehler: Er legte die Zeit der Geburt 
in Betlehem als Ausgangspunkt für die Zeitrechnung vier Jahre zu spät 
fest. Diesen Fehler entdeckte der irische Erzbischof James Ussher erst 1650. Er 
fand nämlich heraus, dass nach Exiguus' Kalender König Herodes der Grosse, 
der gemäss Matthäusevangelium den Kindermord von Betlehem befohlen hatte, 
vier Jahre vor Christi Geburt gestorben ist. In diesem Fall hätte der Herrscher 
des damaligen jüdischen Staates den Kindermord nicht anordnen können, 
mit dem er Jesus beseitigen wollte und nach dem er laut Matthäus kurze Zeit 
später starb. Diese falsche Geburtsdatierung ist nie korrigiert worden. Und 
Herodes der Grosse hat in allen Geschichtsbüchern von 73 v.Chr. bis 4 v.Chr. 
gelebt. Die trockene Aufreihung von Jahren mit ihren gleichmässigen Intervallen stand unseren Vorfahren nicht im Sinne. Es mussten wichtige Begebenheiten die Geschichte gliedern. Eine davon war die Schöpfung der Welt. Die jüdische Weltära, darauf hat sich die rabbinische Tradition geeinigt, beginnt genau am 7. Oktober 3761 v.Chr. Sie richtet sich nach dem Lauf des Mondes und dem Gang der Jahreszeiten. Die alexandrinische Rechnung beginnt am 25. März 5492 v.Chr., die byzantinische am 1. September 5509 v.Chr. Die Zeitrechnung der Muslime beginnt am 15. Juli 622 mit der Auswanderung (Hedschra) von Religionsgründer Mohammed nach Medina. Sie ist ein reiner Mondkalender. Die byzantinische Ära wurde im 7. Jahrhundert als die christliche Weltära ausgerufen: anno mundi. Es sind rund 200 Welt-Zeitalter mit der Schöpfung als Ausgangspunkt gezählt worden. Die Begründung ist vorwiegend religiös und stützt sich auf Generationenfolgen in entsprechenden heiligen Büchern. Die Römer zählten nach Amtsjahren der Konsuln; Varro verkündete zwar den 21. April 753 v.Chr. als Gründung Roms, aber sein "ab urbe condita" wurde nur in wissenschaftlichen Kreisen verwendet, im bürgerlichen Verkehr hielt man sich an die Jahre der Konsuln. Der Nagel, der seit 507 v.Chr. über dem Jupitertempel auf dem Kapitol jedes Jahr eingeschlagen wurde, avancierte nicht zu einer allgemeinen fortlaufenden Jahreszählung. Alle 
Zeitrechnungen weichen in ihrer Jahreslänge mehr oder weniger vom christlichen 
Kalender ab. Der jüdische Kalender muss mit Schalttagen und Schaltmonaten 
periodisch dem natürlichen Gang der Jahreszeiten angepasst werden. Der islamische 
Kalender darf gemäss Koran nicht durch Schaltjahre oder andere Korrekturen 
verändert werden. Und trotzdem, weltweit gilt heute nur der christliche Kalender. 
 
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