Der Weinbau in Walchwil

Die zur botanischen Gattung "vitis" gehörende Rebe ist eine der ältesten Kulturpflanzen der Welt. Vom Beginn der Zivilisation bis heute begleitet der Wein die grossen Ereignisse der Menschen. Wein wird in religiösen Zeremonien und bei Festen getrunken und dient zusätzlich als Heil- und Beruhigungsmittel.

Wein war schon den ältesten Zivilisationen bekannt, wahrscheinlich kommt er aus Persien. Ägypter, Phönizier, Griechen und Römer hatten eine besondere Vorliebe für kräftige und alkoholreiche Weine, die mit zahlreichen Gewürzen versetzt waren und mit Wasser vermischt getrunken wurden. Griechen und Römer hatten mit Dionysos und Bacchus ihre eigenen Weingötter.

Während ihrer Eroberungszüge sorgten die Römer auch für die Ausbreitung der Weinstöcke. Sie trieben die Weinkultur systematisch in ganz Gallien voran. Obwohl die Gallier grosse Freunde von "Cervicia" und "Met" waren, fanden sie am Wein sehr schnell Geschmack und wurden ausgezeichnete Weinbauern. Sie waren mit ihren Produkten in Rom so erfolgreich, dass Kaiser Domitian die Hälfte der keltischen Rebstöcke ausreissen liess, um den römischen Weinbau zu schützen.

Zu Beginn des 4. Jahrhunderts erkannte Kaiser Konstantin die christliche Religion offiziell an, und der Bedarf an Messwein führte zu verstärkten Rebpflanzungen. Die Ausbreitung des Weinbaus ging Hand in Hand mit der Gründung der Klöster und der grossen religiösen Orden. Besonders die Benediktiner spielten dabei eine wichtige Rolle. Im Mittelalter schliesslich gehörten Rebstöcke zum Landschaftsbild der ganzen Eidgenossenschaft.

Bericht des Sanitätswesens des Kantons Zug von 1903
 Weisswein 1903Rotwein 1902Rotwein 1901
spez. Gewicht
Alkohlgehalt %
Extrakt g pro l
Zukergehalt per l
Säure per l
Mineralstoffe per l
1.00112
6.64
27.0
0.58
16.12
2.18
1.00524
4.07
28.7
0.29
14.63
2.96
1.00076
6.56
25.7
0.5
17.9
2.23

Die charaktistischen Eigentümlichkeiten des einzigen als Handelsprodukt im Kanton bezeichneten Weines und zwar geringer Alkoholgehalt, hoher Gehalt an Säure und Extraktivstoffen zeigen sich auch für den Jahrgang 1903.
Anlässlich der Kirchweih wurden in vier Wirtschaften 32 Weinproben (21 Rot- und 11 Weissweine) gustiert und sechs Proben zur Untersuchung enthoben. Eine Probe war falsch deklariert; fünf Proben waren teilweise verdorben, deren Ausschank wurde untersagt.



Die Tradition des Weinbaus in Walchwil reicht ins 11. Jahrhundert zurück. Flurnamen wie Räbmatt oder Wiirääbe sind noch Zeugen der Rebkultur. Der Rebbau wurde zu einem bedeutenden Zweig der Landwirtschaft. Wein war ein wichtiges Nahrungsmittel und gehörte täglich auf den Tisch. Kindern bis zum vierten Lebensjahr wurde kein Wein gegeben. Hatten sie dieses Alter aber erreicht, gab man ihnen Wein mit Wasser vermischt zu trinken. Zu jedem Anlass wurde Wein getrunken, wo er, oft zum Nachteil vieler Beteiligten, in reichem Masse floss. Die Zählung der Nahrungsmittelvorräte im Jahre 1771 ergab 2'380 Mass Wein und nur 160 Mass Most. Wein und Kastanien waren noch im 18. Jahrhundert die Haupterzeugnisse der Walchwiler. Der Pflege der Reben wurde demnach weitaus mehr Aufmerksamkeit geschenkt als dem Obstbau. Noch 1876 zählte Kaplan Fuchs in Walchwil 98'000 Rebstöcke. Die Zahl erscheint zwar etwas hoch, aber sie weist auf die hohe landwirtschaftliche Bedeutung des Weinbaus für Walchwil hin.

Die letzten Reben standen im Unterwihel. Sie verschwanden, als Folge von Rebkrankheiten und der intensivierten Milchwirtschaft etwa um 1910, ganz aus dem Walchwiler Ortsbild. Zudem haben der Import von billigeren Weinen aus dem südlichen Ausland über die neu erstellte Eisenbahn durch den Gotthard zu diesem schnellen Rückgang beigetragen.

Im Jahre 1921 pflanzte der damalige Gemeindeschreiber Leo Hürlimann 235 Stöcke Riesling x Sylvaner und 1948 zusätzlich 40 Stöcke Blauburgunder. Aus den im Rebberg Mütschi herangereiften Trauben bereitete er während Jahrzehnten seinen eigenen Walchwiler. Im Jahre 1966 trat Leo Hürlimann an Ueli Schobinger heran, den Weinberg mit 300 Rebstöcken im Mütschi zu übernehmen. Die Winzertradition in Walchwil wurde von ihm und Stefan Marbacher fortgesetzt und der Rebberg Mütschi auf 417 Rebstöcke erweitert. In der 70er Jahren stiessen vier weitere Winzer dazu, die sich in der Folge zur Winzergemeinschaft Walchwil zusammenschlossen. Sie bauten zusammen die Anbaufläche aus und bearbeiteten auch die Reblagen Aesch, Engelmatt und Obersagen im Ausmass von rund 2'000 Rebstöcken, die im Stickelbau gezogen wurden.

Rebenanpflanzungen in Walchwil in den 1980er Jahren
Lage GewächsPflanzjahr Anzahl Stöcke
Aesch



Engelmatt

Mütschi


Neuhaus

Obersagen

Suren


Riesling x Sylvaner
Gutedel
Räuschling
Blauburgunder
Räuschling
Blauburgunder
Riesling x Sylvaner
Räuschling
Rheinriesling
Riesling x Sylvaner
Blauburgunder
Blauburgunder
Riesling x Sylvaner
Blauburgunder
Gutedel
Riesling x Sylvaner
1971
1971
1980
1970
1971
1971
1969
1982
1974
1979
1979
1974
1974
1981
1981
1981
 150
   50
   40
 675
 100
   85
 285
   65
 145
   65
   20
 230
 190
 100
   85
   25
Total Rebstöcke 2310

In Walchwil ist Otto Hürlimann von der Hotel Pension Aesch zur Zeit der grösste Weinproduzent. Er bewirtschaftet rund 20 Aren Rebland oder 2000 Rebstöcke. Für die nächsten Jahre ist ein weiterer Ausbau vorgesehen. "Pro Quadratmeter ein Stock", so will es die alte Regel. Ein Drittel davon ist Blauburgunder, zwei Drittel sind weisse Weine: Riesling x Sylvaner, Räuschling oder Gutedel.

Die Winzergemeinschaft Walchwil keltert ihren Wein selber. Sie ist die älteste Gruppe der Weinbauer im Kanton Zug. Sie ziehen auf neun Aren zur Hälfte Blauburgunder, zur anderen Riesling x Sylvaner und Räuschling. Sie rechnen mit 800 bis 900 Flaschen im Jahr und erreichen so das Ziel, dass ein Rebstock oder ein Quadratmeter Rebberg eine Flasche Wein ergibt. Daneben bauen noch einige Private in Walchwil Wein an, den sie aber nicht selber keltern. Total stehen in Walchwil zur Zeit 35 Aren Weinstöcke.


Die Rebsorten

Riesling x Sylvaner (Müller Thurgau): Diese Sorte ist das Ergebnis der züchterischen Arbeit des Prof. Müller-Thurgau um 1882. Als späterer Direktor der Eidg. Versuchsanstalt Wädenswil liess er mitgebrachtes Kreuzungsmaterial weiter veredeln. Ihre für nördliche Weinbaugebiete wichtigen Eigenschaften sind die Frühreife, Fruchtbarkeit, das ansprechende muskatartige Bukett und die geringe Säure. Nachteilig ist die Fäulnisanfälligkeit. Der Wein ist fruchtig, elegant, rassig und süffig.
Räuschling: Wegen seiner relativen Spätreife wird er zurückhaltend angebaut. Der Wein ist wegen seiner dezenten Frucht und eleganten Säure gefragt. Er ist der ideale Begleiter zu Fischgerichten und als Ergänzung zum üblichen Riesling x Sylvaner.
Gutedel: Die bereits sehr fruchtbaren hintersten Augen gestatten einen kurzen Schnitt. Er reift zu einem eleganten feinen, trockenen Wein.

Rheinriesling: Die spätreife Sorte mit kleinen kompakten Trauben verlangt nach der besten Lage. Sie verrieselt leicht, was die Erträge mindern. Er ist sehr fruchtig und durch eine stahlige Säure gekennzeichnet.

Blauer Burgunder: Er wird für nördliche Gebiete als hervorragendste Rotweinsorte angesprochen. Die Rebe besitzt eine gute Widerstandsfähigkeit in der Blüte und ist zudem wenig empfindlich gegenüber Pilzkrankheiten. Nachteilig erweist sich die Anfälligkeit für Traubenfäulnis. Der Wein ist duftig-elegant und kräftig.