Die Glocken der Pfarrkirche Walchwil

Im Leben rund um die Kirche gibt es viele Symbole, die wir oft unbewusst in uns aufnehmen, und die unser Leben als Christen stark mitprägen. So ist der Kirchturm wie der Finger, der nach oben, zu Gott hinweist, und seine Glocken drücken Freud und Leid in unserem Miteinander aus. Sie rufen und mahnen, sie künden Zeiten zum Beten und Feiern an. Jede Glocke hat auch ihre Besonderheit, ihren Charakter und ihre eigene Geschichte.
Die Glocken sind an einem Joch aus Holz befestigt, über welche sie früher durch Zugseile zum Schwingen gebracht wurden. Heute werden sie mit einem Motor betrieben. Oben an der Glocke ist die sogenannte Krone, meist schön verziert, zur Verankerung am Joch. Die Höhe der Glocke als Tonträger wird jeweils ohne diese Krone angegeben.


Glocke I

Sie ist die tiefste Glocke und trägt die Inschriften:
um den Wolm zwischen Flachstegen:
DER NAME DES HERRN SEY GEPRIESEN JETZT UND IN EWIGKEIT

auf der Flanke:
GEMEINDE WALCHWYL

um den Schlagring zwischen Flachstegen:
VON CARL LEONARD ROSENLAECHER IN CONSTANZ GEGOSSEN IM JAHR MDCCCXXXVII (1837)

Die Glocke ist mit Reliefs geschmückt:
Kruzifix mit Maria Magdalena, Josef, Johannes der Täufer und Johannes der Evangelist. Sie ist auch mit dem Walchwiler Wappen in Verbindung mit dem Zuger Wappen versehen und reichlich verziert. Besondere Sorgfalt wurde dem Joch geschenkt mit der aufgemalten Jahrzahl 1840 und die Krone der Glocke ist schön verziert mit ägyptischem Vierkantprofil.

Einige Daten: Ton: h (nicht ganz rein)
Höhe: 127 cm
Durchmesser: 160 cm
Gewicht: 47 Ztr., 66 Pfund (2383 kg)
Kosten: 8378 neue Franken
Weihe: 4. Adventssonntag 1837
Besonderes: Vor dieser Weihe waren nur 3 Glocken im Turm.

Diese Glocke lädt uns an Sonn- und Feiertagen ein, Gott die Ehre zu geben, ihm zu danken als dem Herrn, aus dessen Hand wir alles empfangen, und uns zum gemeinsamen Gebet einzufinden.


Glocke II

Die zweittiefste Glocke trägt folgende Inschriften:

um die Schulter zwischen Rundstegen:
HÖRET MEIN RUFEN VON NAH UND FERN, IN TRAUER UND FREUDE ZUM LOBE DES HERRN
im mittleren Kranz auf einem Rundsteg:
PRO NOBIS SEMPER SUPPLICITER ORET JOANNES CHRISTUM CONSPERSUM SUAVITE UNDA VOTIS
(Johannes möge durch seine Fürbitte bei Christus für uns einstehen)

auf der Flanke:
KIRCHGEMEINDE WALCHWIL
Diese Inschrift ist versehen mit dem Walchwiler Wappen in Verbindung mit dem Zuger Wappen.

unterer Kranz:
GEGOSSEN VON JAKOB KELLER IN ZÜRICH ANNO 1884

Auch trägt die Flanke ein Relief von Johannes dem Täufer. Die Glocke ist ähnlich verziert wie die Glocke I und die Krone ist mit Gesichtern versehen, wie wenn sie ein hartes Joch zu tragen hätten. Das Joch selber ist hoch und einfach.
Einige Daten: Ton: Zwischen dis und e
Höhe: 106 cm
Durchmesser: 126 cm
Gewicht: 26 Ztr., 50 Pfund (1325 kg)
Kosten: 4173 Franken
Weihe: 2. Sonntag nach Ostern 1884

Zur Geschichte der Glocke II:

Die Vorgängerglocke, von Giesser Schwarz von Luzern 1596 gegossen, bekam am 13. Oktober 1882 einen Riss von 5 Zoll Länge. Den daraus entstandenen Misston versuchte Schmiedemeister Thomas Hürlimann durch Erweitern des Risses und mehrere Bohrlöcher zu beheben. Ohne Erfolg - sie behielt ihren schätternden Ton. Unter Pfarrer Hürlimann beschloss die Kirchgemeinde am 11. März 1883 eine Sammlung für eine neue Glocke. Einzüger war Kaplan Josef Fuchs. Paten waren Abbé Georg Bossard, Zug und Josepha Hürlimann-Zürcher, St. Adrian. Weil der Ton dieser neuen Glocke zwischen dis und e liegt, hat das Geläut für feine Ohren eine gewisse Dissonanz. Ob dies als Symbol zu werten ist? Jedenfalls gab es für den Transport der Glocke von Zug nach Walchwil einen lustigen Streit:

Mit einem Ochsengespann sollten die Bauern vom Berg - nach Meinung des Kirchenrates - die Fuhre unentgeltlich ausfahren. Dagegen stellten sich die Jungfrauen und sammelten unter Elisa Hürlimann, Engel und Maria Anna Hürlimann, Eichhof für einen "... würdigen Transport mit Pferden". So durfte Fuhrmann Alois Röllin, "... des Wagners Grafenstatt", die Glocke mit Pferdegespann holen.

Beim einem heftigen Gewitter vom 6. Juli 1884 kam sie erstmals auch als Wetterglocke zum Einsatz.

Johannes der Täufer ist unser Kirchenpatron. Er ist der Rufer aus der Wüste: "Bereitet den Weg des Herrn, macht eben seine Pfade". - So ruft er uns auch heute zu durch diese Glocke.


Glocke III

Die mittlere Glocke trägt als Inschrift:

unter der Schulter zwischen zwei Rundstegen:
ANNA SACRATA DEUM PRO NOBIS SEMPER ADORA
(Geweiht der heiligen Anna, die stets für uns Gott anbeten möge)
auf der Flanke:
FUSA SUM 1596, RUPTA 1916 DENUO FUSA 1917 A. CAMP. FUSORE H. RUETSCHI IN URBE AROVIA (Ich bin gegossen worden 1596, gesprungen 1916, von neuem gegossen 1917 vom Glockengiesser H. Ruetschi in der Stadt Aarau)

Sie trägt Ornamente als Verzierung, ist im übrigen einfach und schlicht. Der Glockengiesser Schwarz in Luzern hatte die gesprungene Glocke gefertigt, und die neue Glocke übernahm die Weiheschrift der alten.

Einige Daten: Ton: gis
Höhe: 81 cm
Durchmesser: 96 cm
Gewicht: ca. 600 kg
Kosten: 4500 Franken
Metallwert der gesprungenen Glocke: 2400 Franken

Anna ist die Mutter von Maria und wird als Mutter der Mütter verehrt - gewiss ist sie auch Sinnbild der weisen Mütter und Grossmütter. In den Werktagsmessen wird diese Glocke als tiefste eingesetzt. Rührt es vielleicht daher, dass fast ausschliesslich Mütter und Frauen zu diesen Gottesdiensten kommen?

Glocke IV

Sie trägt folgende Inschriften:
unter der Schulter zwischen zwei Rundbogen: PAX - IN HONOREM B. NICOLAI DE FLUE (Friede - Zu Ehren des seligen Nikolaus von Flüe)
in der Flanke:
EX DUOBUS IN UNAM FUSA SUM ANNO 1917 A CAMP. FUSORE H. RUETSCHI IN URBE AROWIA (Aus zwei bin ich in eine gegossen 1917 vom Glockengiesser H. Ruetschi in der Stadt Aarau)
Die Gestaltung der Glocke ist schlicht mit einfachen Verzierungen.

Aus der Geschichte von Glocke IV:

Die alte Glocke trug die Inschrift:
DEFUNCTOS PLANGO COLO FESTA ET FULMINA FRANGO
(Ich beklage die Toten, feiere die Feste und bändige die Gewitter).

Sie wurde 1654 gegossen und trug das Bild vom heiligen Sebastian. Ihr Gewicht war ca. 300 kg mit einem Durchmesser von 79 cm. Ihr Ton war b. Bei der Erneuerung des Geläutes 1917 wurde beschlossen, diese einzuschmelzen, um den Klang zu harmonisieren. So entstand aus ihr und durch Einschmelzen einer fremden Glocke die neue "Friedensglocke" entsprechend dem heiligen Bruder Klaus, dem sie geweiht ist.

Einige Daten: Ton: h
Höhe: 69 cm
Durchmesser: 80 cm
Gewicht: ca. 420 kg
Kosten: 460 Franken

Bruder Klaus, der Einsiedler und Visionär, hat in unserem Land einen besonderen Ehrenplatz. An der Tagsatzung zu Stans im Jahre 1482 rief er die Eidgenossen zum Frieden auf. Seine Mahnung wurde beachtet und ein Bürgerkrieg vermieden. Ein eindringliches Wort von ihm lautet: "Machet den Zaun nicht zu weit"!, ein Aufruf zur Genügsamkeit. - Möge die ihm geweihte Glocke uns in seinem Geist zu Gebet, Frieden und Genügsamkeit bewegen.


Glocke V

Und die kleinste Glocke trägt als Inschrift:

unter der Schulter zwischen zwei Rundbogen:
IN HONOREM S. ALOISII - DONARUM AL. SPECK, PAR. WALCHWILAE (Zu Ehren hl. Aloisius - Geschenkt von Al. Speck, Pfarrer, Walchwil)

auf der Flanke:
FUSA SUM A. CAMP. FUSORE H. RUETSCHI IN URBE AROVIA ANNO 1917
(Gegossen vom Glockengiesser H. Ruetschi in der Stadt Aarau im Jahre 1917)

Die Verzierung ist der Glocke IV gleich.

Einige Daten: Ton: d
Höhe: 56 cm
Durchmesser: 66 cm
Gewicht: 263 Pfund (135 kg)
Kosten: 450 Franken

Zur Geschichte von Glocke V:

Die alte Glocke stammte aus der Glockengiesserei Rosenlächer in Konstanz 1838 mit einem Gewicht von ca. 120 kg. Sie hatte den Ton f und wurde für das neue Geläut eingeschmolzen. Der Spender der neuen Glocke war Alois Speck, von 1888-1918 Pfarrer in Walchwil. Der heilige Alois war zu dieser Zeit ein grosses Vorbild für junge Menschen. Die kleinste Glocke ist zugleich die Taufglocke und Totenglocke für Kinder.

Der heilige Alois von Gonzaga wird meist mit einer Lilie als Sinnbild der Reinheit seiner Seele dargestellt. Er gilt als Schutzheiliger für die Jugend. Geboren 1568 starb er als junger Jesuit mit nur 23 Jahren, nachdem er der gefürchteten Krankheit erlag, angesteckt durch die Pflege der Kranken im Pestjahr 1591. Sein kurzes Erdenleben war erfüllt von einer grossen Gottesliebe. Möge diese Glocke uns zur Unterscheidung vergänglicher und wahrer Werte aufrufen.


Die Läutordnung

Mit allen Glocken wird zum Gottesdienst an Sonn- und Feiertagen eingeladen, am Samstag wird um 17 Uhr der Sonntag angekündigt, denn liturgisch gesehen beginnt der Sonn- und Festtag bereits am Vorabend um 17 Uhr. Ferner zu besonderen Ereignissen wie zur Jahreswende oder zum Bundesfeiertag.

An Werktagen läuten meistens die Glocken V bis III den Gottesdienst ein, bei festlicheren Anlässen auch einmal IV bis II oder V bis II.
Eine halbe Stunde vor Gottesdienstbeginn kündet die jeweils tiefste Glocke der Gruppe, welche geläutet wird, den baldigen Beginn der Feier an. Die gleiche Glocke wird meistens zur Wandlung in der Messe erklingen, zum Zeichen des heiligen Geschehens beim Abendmahl.

Das Zeitzeichen der Glocken wird von der Uhr gesteuert, und ein Hammer schlägt von aussen, oben am Schlagring, die betreffende Glocke an. Jede Viertelstunde wird angezeigt mit Glocke IV, dann Glocke III. Die Tageszeit bei jeder vollen Stunde kündet Glocke I an. Seit 1991 ist die Zeitangabe sehr genau, denn sie wird von der Funkuhr aus Prangins VD gesteuert. Zuvor mussten die schweren Steine im Turm als Antrieb für die Uhr von Hand über eine Kurbel hochgezogen werden.

Aus langer Tradition wird das Betzeitläuten gepflegt. Morgens um 6 Uhr mit der Glocke II, ebenfalls mittags, hier jedoch am Freitag und Sonntag mit Glocke I, und abends um 20 Uhr mit Glocke II, nur am Donnerstag anschliessend auch Glocke I als Erinnerung an die Einsetzung des Abendmahls und der darauffolgenden Todesangst Jesu. Um 15 Uhr ruft die Glocke III zum Gebet, dann wird mit Glocke IV die Todesstunde Christi angekündet, ausser am Sonntag, der stets im Zeichen der Auferstehung steht.

In früher Zeit hielten viele Menschen und besonders die Bauernfamilien beim Betzeitläuten ihre Arbeit an, um ein Gebet, meistens den Englischen Gruss (Ankündigung der Geburt Christi) zu sprechen.

Ein besonderer Brauch besteht beim Tod eines Pfarreiangehörigen. Am Tag des Todes, sobald beim Pfarramt gemeldet, wird Glocke I geläutet. Am Vortag der Beerdigung und zur gleichen Zeit, an welcher die Beerdigung stattfinden wird, läutet für Männer die Glocke I und für Frauen die Glocke II je 13 Minuten durch, während die übrigen Glocken drei Mal je drei Minuten mit einstimmen und wieder ausklingen. Am Beerdigungstag wird wie üblich zum Gottesdienst eingeläutet mit Glocken V bis II und beim Gang mit dem Sarg oder der Urne, in die Kirche oder wieder auf den Friedhof, mit Glocke I. Zur Taufe oder zum Tod eines Kindes läutet Glocke V.

Bei sehr starkem Gewitter wird die Glocke II ertönen.